"Vamos a celebrar Navidad con mi familia!"
Ahorrita???
Sì! Vamonos!
Ich hatte kein Geschenk, war weder geduscht noch hatte ich ein schönes Kleid gekauft, als mich mein guter Freund und Hostelvater Domingo zum Weihnachtsfest seiner Familie einlud. Überraschend, völlig ohne Vorwarnung am 23.12. gegen 17 Uhr. Wer alles da wäre fragte ich und er zählte darauf hin auf :"NUR seine Eltern, seine 8 Geschwister mit deren Kindern, ein paar Cousinen, deren Kinder und 3 Onkels.
Was? Ein natürlicher Fluchtreflex überkam mich, aber versuch einer mal einem gastfreundlichem Latino eine Einladung abzuschlagen - es ist vergebens. Eine undenkbare Schande.
Ankunft mitten im Geschehen.
Beim Fußweg zu Domingos Elternhaus quetschte ich ihn aus. Alles Mögliche habe ich gefragt, um mich irgendwie darauf vor zu bereiten. Nix half, ich empfand mich als Eindringling in was sehr Persönliches, als undankbar weil ich nicht einmal irgendetwas dabei hatte. Da waren wir auch schon da.
Wir klingelten, ich solle mir keine Sorgen machen. "No tienes pena, por favor!"
Kinder machten die Tür auf. Sofort ging Gegröhle los. Oh, verdammt. Daran hatte ich noch gar nicht gedacht. die Kleinen zogen uns auf, ich wäre die neue Freundin.
Die ca. 7 Kinder, die um uns kreisten und fragten ob ich schwanger wäre, waren natürlich längst nicht alle. Wir gingen in`s Wohnzimmer, bis unters Dach gefüllt mit Menschen. Domingo stellte mich zumindest jedem Erwachsenen vor und ich war klein mit Hut : "Hilfe, sie sprechen kein Spanisch."
Gastfreundschaft der Familie.
Natürlich sprachen sie für mich kurzzeitig Spanisch. Außer Domingos Mutter - die spricht ausschließlich Tzu`tujil - die Mayasprache. Hätte ich mir auch denken können.
Es kam mir vor als wäre ich erst vor 2 Minuten die Tür rein gekommen, da hatte ich auch schon was zu Essen in der Hand. Einen Burger, einfach aber gut.
Wir wurden aufgefordert uns zu setzen (auf den Boden), da kam auch schon was zu trinken. Eigentlich wollte ein älterer Herr für mich am Tisch aufstehen, aber ich lehnte höflichst ab und ließ mich, wie die meisten, auf dem Boden nieder.
Der Tumult im Raum war der Wahnsinn, ich lächelte, nickte und bedankte mich. Die ganze Zeit. Niemand schien es zu verwundern, das da ein fremdes Mädel auf dem Boden sitzt. Unangekündigt, zu Weihnachten.
Geschenkeverteilung.
Dann startete auch schon die Geschenkeverteilung für die zig Kinder, jeder bekam einfach was in die Hand gedrückt. Gleichzeitig und ohne viel Tam Tam. Spielzeugautos, Barbiepuppen, Bälle. Ein Smartphone oder einen Laptop hat keines der Kinder bekommen, soviel ist klar.
Alle haben gespielt, gelacht und waren laut. Ich trank noch was und unterhielt mich in meinem mittelprächtigen Spanisch mit zwei seiner Schwestern. Darüber, wie oft sie mich schon gesehen haben in der Stadt und wie wer mit wem verwand ist und das ich unbedingt ein Trachten-Kleid brauchte. Wunderschön sind sie und aufwendig zu nähen. Aber die eine Schwester hat eine Freundin, deren Cousine näht mir bestimmt eins.Verabschiedung von der privaten Weihnachtsfeier.
Ziemlich schnell verflog die Zeit und deshalb machten wir uns ans verabschieden. Ich bekam von sämtlichen Damen Küsschen, ich solle schnellsmöglich wieder kommen. Die Haustüre stünde (und zwar im wahrsten Sinne des Wortes) immer offen für so ein nettes deutsches Mädchen. Mit dem Angebot, mir mehr Spanisch- und auch ein bisschen Tzutu`jil beizubringen, machten wir uns auf den Weg zurück zum Hostel.
Fazit zum besonderen Feier an Weihnachten in Guatemala.
Es zählt eindeutig zu meinen besonderen Erfahrungen der Reise. Ich war ja schon ein bisschen dort und wusste, dass die Menschen in Guatemala einfach wahnsinnig gastfreundlich sind. Diese Ereignisse unterstrichen dies natürlich noch. Der Abend war einfach der Wahnsinn.
Bunt, laut, beengt, freundlich. Das sind meine Top-Adjektive für dieses Spektakel.
Die Damen hatten ihre wunderschön bunten Kleider an, die Männer waren salopp gekleidet, natürlich mit Western-Hut. Weihnachtsdeko gab es übrigens nicht - bis auf einen kleinen, singenden Kunstbaum.
* Ich hatte in meiner Zeit in San Pedro La Laguna die wenigsten Fotos meiner 16-monatigen Reise gemacht. An vielen, aber besonders an diesem Abend, entstand l gar kein Foto, worüber ich abwechselnd traurig und froh bin. Denn hier hat niemand Fotos gemacht, ich war Teil etwas wunderbarem und ich war etwas zu ehrfürchtig - dem Moment und den Gastgebern gegenüber.