Mein Weihnachten in Guatemala
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Weihnachten auf Weltreise
Weihnachten auf Weltreise
18. August 2019
Weihnachten in Guatemala

Mein Weihnachten in Guatemala.

Wie feiert man eigentlich Weihnachten in Guatemala?
Guatemala ist ein christlich geprägtes Land, den größten Anteil an Glaubensformen bilden die Katholiken. Viele Bräuche zu Weihnachten stammen aus der spanischen Kolonialzeit und sind uns somit gar nicht so fremd.
Hier sind einfach ein paar Rituale der Maya-Kultur mit eingeflossen, aber sonst feiern die Guatemalteken die Geburt Jesus Christus wie auch wir es kennen ; Wenn auch die eigentlichen Messen und der Glaube noch eine höhere Bedeutung haben als bei uns.
Weihnachten in Guatemala

man achte aufs feierliche "Schleifchen" am Chickenbus!

Weihnachten in Guatemala - Vorweihnachtszeit am Lago de Atitlàn.

Die ersten 2 Wochen ging es dort unspektakulär zu. Da ich sowieso sehr beschäftigt war in dieser Zeit, war ich nicht annähernd auch nur in irgendeiner Weihnachtsstimmung. Das kam erst ganz knapp vor den Feiertagen. Dafür dann aber heftig, wie ihr unten lesen könnt.

Christus-Verehrung, nicht nur an Weihnachten.

Besonders am Lago de Attitlan, will ich meinen. Ob Weihnachten oder nicht, es ist alles mit christlichen Sprüchen verziert. Hauswände, Autos, Tuk Tuks. Getreu dem Motto "Jesus is watching you" - wird man sowieso schon von überall her von Jesus himself angeschaut.
Weihnachten in Guatemala

Jesus!

Um das in der Weihnachtszeit noch toppen zu können, werden die Gotteshäuser mit Lichtern und ganzen Lichter-shows bestückt, wodurch das alleinige Hinschauen Epillepsieanfälle auslösen könnte.
Hinzu kommen nächtliche Paraden. Und immer wieder Feuerwerke rund um die Kirche in San Pedro de Laguna. Ich habe nur 20m von ihr weg gewohnt, ich weiß wovon ich rede.
Weihnachten in Guatemala

Die Hauptkirche in San Pedro.

Weihnachten in Guatemala

Ich will nur laut "wie kitschig!" schreien.

Kommerzielles Weihnachten in Guatemala?

Da sie Kirchen so sehr schmücken und Paraden feiern, könnte man davon ausgehen das es auch sonst sehr Kommerz-belastet zugeht. Dem ist aber nicht so. Es gibt nicht einmal besondere Leckereien in den 100 Straßenshops in San Pedro La Laguna zu kaufen. Keine Milka-Nikoläuse, keine Zimtsterne oder einheimisches Gebäck. Man stelle sich einen Supermarkt ohne Weihnachts-Fressstände vor. Reduziert das auf 20m². e voilà, Supermärkte zu Weihnachten in Guatemala.

Es gibt auch sonst keine extra-Märkte, die Stände die das ganze Jahr offen haben, haben auch an Heiligmorgen offen.

Apropo: Tourismusangebot an Weihnachten.

Sie ehren diese Tage, aber ich glaube die Touristen ehren sie wohl mehr am Lago. Das Meiste hat geöffnet und die Touristenoffices schlafen auch nicht. Ich muss es ja wissen, bin ich doch am 24.12.18. ohne jegliche Probleme vom Lago de Atitlàn nach Antigua gereist.

Ein Highlight - Weihnachtsfeier unter Einheimischen in Guatemala.

"Vamos a celebrar Navidad con mi familia!"
Ahorrita???
Sì! Vamonos!

Ich hatte kein Geschenk, war weder geduscht noch hatte ich ein schönes Kleid gekauft, als mich mein guter Freund und Hostelvater Domingo zum Weihnachtsfest seiner Familie einlud. Überraschend, völlig ohne Vorwarnung am 23.12. gegen 17 Uhr. Wer alles da wäre fragte ich und er zählte darauf hin auf :"NUR seine Eltern, seine 8 Geschwister mit deren Kindern, ein paar Cousinen, deren Kinder und 3 Onkels.

Was? Ein natürlicher Fluchtreflex überkam mich, aber versuch einer mal einem gastfreundlichem Latino eine Einladung abzuschlagen - es ist vergebens. Eine undenkbare Schande.


Ankunft mitten im Geschehen.

Beim Fußweg zu Domingos Elternhaus quetschte ich ihn aus. Alles Mögliche habe ich gefragt, um mich irgendwie darauf vor zu bereiten. Nix half, ich empfand mich als Eindringling in was sehr Persönliches, als undankbar weil ich nicht einmal irgendetwas dabei hatte. Da waren wir auch schon da.

Wir klingelten, ich solle mir keine Sorgen machen. "No tienes pena, por favor!"
Kinder machten die Tür auf. Sofort ging Gegröhle los. Oh, verdammt. Daran hatte ich noch gar nicht gedacht. die Kleinen zogen uns auf, ich wäre die neue Freundin.

Die ca. 7 Kinder, die um uns kreisten und fragten ob ich schwanger wäre, waren natürlich längst nicht alle. Wir gingen in`s Wohnzimmer, bis unters Dach gefüllt mit Menschen. Domingo stellte mich zumindest jedem Erwachsenen vor und ich war klein mit Hut : "Hilfe, sie sprechen kein Spanisch."

Gastfreundschaft der Familie.

Natürlich sprachen sie für mich kurzzeitig Spanisch. Außer Domingos Mutter - die spricht ausschließlich Tzu`tujil - die Mayasprache. Hätte ich mir auch denken können.
Es kam mir vor als wäre ich erst vor 2 Minuten die Tür rein gekommen, da hatte ich auch schon was zu Essen in der Hand. Einen Burger, einfach aber gut.

Wir wurden aufgefordert uns zu setzen (auf den Boden), da kam auch schon was zu trinken. Eigentlich wollte ein älterer Herr für mich am Tisch aufstehen, aber ich lehnte höflichst ab und ließ mich, wie die meisten, auf dem Boden nieder.

Der Tumult im Raum war der Wahnsinn, ich lächelte, nickte und bedankte mich. Die ganze Zeit. Niemand schien es zu verwundern, das da ein fremdes Mädel auf dem Boden sitzt. Unangekündigt, zu Weihnachten.

Geschenkeverteilung.

Dann startete auch schon die Geschenkeverteilung für die zig Kinder, jeder bekam einfach was in die Hand gedrückt. Gleichzeitig und ohne viel Tam Tam. Spielzeugautos, Barbiepuppen, Bälle. Ein Smartphone oder einen Laptop hat keines der Kinder bekommen, soviel ist klar.

Alle haben gespielt, gelacht und waren laut. Ich trank noch was und unterhielt mich in meinem mittelprächtigen Spanisch mit zwei seiner Schwestern. Darüber, wie oft sie mich schon gesehen haben in der Stadt und wie wer mit wem verwand ist und das ich unbedingt ein Trachten-Kleid brauchte. Wunderschön sind sie und aufwendig zu nähen. Aber die eine Schwester hat eine Freundin, deren Cousine näht mir bestimmt eins.

Verabschiedung von der privaten Weihnachtsfeier.

Ziemlich schnell verflog die Zeit und deshalb machten wir uns ans verabschieden. Ich bekam von sämtlichen Damen Küsschen, ich solle schnellsmöglich wieder kommen. Die Haustüre stünde (und zwar im wahrsten Sinne des Wortes) immer offen für so ein nettes deutsches Mädchen. Mit dem Angebot, mir mehr Spanisch- und auch ein bisschen Tzutu`jil beizubringen, machten wir uns auf den Weg zurück zum Hostel.

Fazit zum besonderen Feier an Weihnachten in Guatemala.

Es zählt eindeutig zu meinen besonderen Erfahrungen der Reise. Ich war ja schon ein bisschen dort und wusste, dass die Menschen in Guatemala einfach wahnsinnig gastfreundlich sind. Diese Ereignisse unterstrichen dies natürlich noch. Der Abend war einfach der Wahnsinn.

Bunt, laut, beengt, freundlich. Das sind meine Top-Adjektive für dieses Spektakel.
Die Damen hatten ihre wunderschön bunten Kleider an, die Männer waren salopp gekleidet, natürlich mit Western-Hut. Weihnachtsdeko gab es übrigens nicht - bis auf einen kleinen, singenden Kunstbaum.

* Ich hatte in meiner Zeit in San Pedro La Laguna die wenigsten Fotos meiner 16-monatigen Reise gemacht. An vielen, aber besonders an diesem Abend, entstand l gar kein Foto, worüber ich abwechselnd traurig und froh bin. Denn hier hat niemand Fotos gemacht, ich war Teil etwas wunderbarem und ich war etwas zu ehrfürchtig - dem Moment und den Gastgebern gegenüber.

Weihnachten in Guatemala - Heiligabend in Antigua.

An Heiligmorgen vom Lago de Atitlàn nach Antigua.

Die Entscheidung, mein geliebtes San Pedro La Laguna am Lago zu verlassen, fiel nach der Familienfeier von Domingo. Natürlich war ich dankbar das erlebt zu haben aber mit Blick auf die nächsten Tage wurde mir alles zu viel.

Zu den Feiertagen war ich nämlich am Lago gleich zu mehreren Familien eingeladen. Ich hatte die Wahl: Domingos Familie, meine eigentliche Gastfamilie, meine Spanischschule, ein anderer Freund. Zu diesen Einladungen kamen noch andere Termine hinzu : Messe, das bewirtschaften des Hostels in dem ich Teilzeit arbeitete, mehrere Partys (in Hostels und Co.) Auf der Straße kannten mich alle, die ganzen Straßenhändler, die Künstler. War ich schon zu lange hier?
Für welche Feiern und Termine ich mich also entschieden hatte?
Für gar keine.

Es war mir tatsächlich zu viel. Ich wollte niemanden enttäuschen, wollte überall sein. Wenn ich ganz ehrlich bin, wollte ich einfach mal die Hauptstraße in San Pedro La Laguna entlang gehen, ohne meinen Namen zu hören, ohne stehen zu bleiben. Einfach an einem schönen Ort sitzen, ohne irgendwo eingeladen zu werden. Ich wollte Besinnlichkeit. Es war sooo viel los gewesen in letzter Zeit.

Schwerer Gang an Heiligmorgen.

Wieder etwas, das niemand versteht und ich erst recht nicht. Ich tat es trotzdem, nach einem hervorragenden Monat am Lago de Atitlàn ging ich schnurstracks zu einer geöffneten Office, um mir ein Ticket zu Einsamkeit und Stille zu besorgen. Schnurstracks stimmt nicht ganz, ich hatte noch einige Adressen abgeklappert, auf den mir vertrauten Wegen. Tschüss und vielen Dank - ich verabschiedete mich von meinen Spanischlehrern, von Domingo mit Grüßen für seine Familie, von meiner lieb gewonnenen Gastfamilie und von ein paar der netten Straßenhändlern, mit denen ich einige schöne Gesprächsmomente erleben durfte.

Ich setzte mich mit Tränen in die Lancha (=Boot), die mich erst ans andere Ufer bringen würde, wo dann wiederum der kleine Bus warten würde, der mich und seltsamer weise viele andere nach Antigua bringen würde.

Ankunft in Antigua.

Zwar ging ich mit Tränen und einem ausgeprägten "Du hast sie doch nicht alle" im Hinterkopf aber ich bereute nicht. Stattdessen genoss ich die nur 2h Fahrt mit meiner Lieblingsmusik in den Ohren. Ich liebte das Gefühl, einfach wieder Backpacker zu sein, der irgendwo hinkommt, anstelle mir Gedanken zu machen auf welche Feier ich gehe und wo ich einen Ort der Stille finden kann, den ich hier und da so sehr brauche.

Meine Hostelauswahl hab ich schnell noch vor Abreise getroffen und dank Maps.me (dem besten Offline-Routenplaner) fand ich schnell mein Zuhause über Weihnachten.

Das Purpose Hostel war wirklich perfekt. Wunderbar ruhig, sauber, citynah, groß und mit toller Dachterasse. Vorhänge an den Betten, tolle Tourangebote, einfach fabelhaft. Begrüßt wurde ich mit einem Tee und einem Ausstech- Weihnachtsgebäck von der deutschen (!) Besitzerin. Zu meinem Erstaunen war mein 4-Bett-Zimmer leer und fand mich daher 10 Minuten später im Bett liegend, ein Nickerschen haltend und freudig grinsend, vor.

Messen zu Heiligabend in Antigua.

Zum Abend hin zog ich dann durch die Stadt. Eine vorherige Einladung zum Abendessen mit anderen Hostelbewohnern lus ich dankend ab. Es war mir völlig egal, ich wollte meine Ruhe und ganz bewusst alleine sein. Die Straßen in Antigua waren voll mit Besuchern, die Restaurants schienen überzulaufen. Aber schön war es. Der Central-Park war reichlich geschmückt mit Lichterketten. Gaukler und Verkäufer leuchteten ebenfalls.
Weihnachten in Antigua

central Park Antigua

Die erste Messe die ich besuchte war gegen halb 7 in der Iglesia San Pedro Apòstol, die hab ich mir einfach ausgesucht weil ich dort war. Sie liegt direkt gegenüber dem berühmten Taque la Uniòn und war sehr voll. Ohne es zu wissen war ich sehr pünktlich dort.
Weihnachten in Guatemala.

Iglesia San Pedro La Apostòl

Die 2. Messe besuchte ich direkt nach der ersten in der Kirche La Merced. Sie war noch viel größer. Es war, mit Unterschied der Liederreihenfolge haargenau die gleiche Messe. Trotzdem blieb ich, wenn hier auch stehend. Somit verbrachte ich volle 3 Stunden freiwillig in Kirchen. Ein Rekord.

Vergleich der Andachten zu Deutschland.

Die Unterschiede zwischen dem Gottesdienst zu Weihnachten in Guatemala zu Deutschland sind gar nicht so groß - außer man schaut genauer hin:

Erst einmal waren mehr Menschen da, als ich je in einer Kirche fernab von Hochzeiten gesehen hatte. Beide platzten aus allen Nähten und ich denke auch die vielen anderen Kirchen waren gut besucht. Zweitens singen die Menschen lauter, drittens ist dieses abschließende, vornehmes "Händeschütteln" bei den Dankgebeten ein einziges, 15-minütiges Umhergehen, verbunden mit Umarmungen. Zu guter Letzt ist der Gottesdienst, logischerweise, in Spanisch gewesen. ;-)

Aber sonst : die Messe mit der Reihenfolge bis hin zur Hostienvergabe ist ein und die Selbe wie bei uns. Die Lieder sind die Gleichen, die Lobesgesänge, Messdiener.

Bin ich eigentlich ein Kirchengänger?

Nein. Aber ich fühlte mich sehr hingezogen zu den Messen. Vielleicht weil es eben genauso war wie ich das früher erlebt hatte. Das Bekannte, das Geschmückte versüßte mir den Abend. Ich konnte das einfach miterleben und in Ruhe zuhause vermissen oder nachdenklich sein. Ganz für mich. Es war wunderbar.
Weihnachten in Antigua

Central Park Antigua

Weihnachten in Guatemala : Der Abschluss.

Es gab den 1. und 2. Weihnachtsfeiertag immer wieder Paraden durch die Stadt. Mit Musik und Böllern, wie schon in San Pedro La Laguna. Feuerwerk gehört einfach dabei, und so erleuchtete an beiden Tagen auch am Abend Raketen den Himmel.

Für mich war es ein ruhiges Fest gewesen. Ich schaue mit Dankbarkeit zurück auf die tolle Vorweihnachtszeit am Lago und auch mit Dankbarkeit auf die sehr besinnlichen Tage in Antigua. An diesen machte ich nicht viel. Klar textete ich viel mit zuhause rum. Ging hinaus um ein wenig zu sehen, deckte mich mit Süßkram ein und aß dies verbotenerweise im Hostelbett. Bei heimlichen Sendungen, die bei Youtube und Co. zu finden sind.
Ich weiß noch wie ich dabei grinsend dachte : "ja, Weihnachten eben."

Eure Erfahrungen?

An welchen Orten habt ihr schon überall Weihnachten verbracht? Wart ihr auch allein oder mit vielen Menschen unterwegs? Falls ihr Gefahr läuft, Heimweh zu bekommen, lest euch doch meine Tipp`s zu Weihnachten auf Weltreise durch.

Keine Lust auf Besinnlichkeit sondern eher auf Abenteuer in Guatemala?
Mein Blogeintrag zur Besteigung des Vulkans Acatenango.
Der kleinere Bruder Pacaya.
Lava gibt`s bei beiden!

Ich freue mich über deine Erfahrung zum Thema!