Vulkan Acatenango – Sylvesterwanderung
Plitvicer Seen – Ausflug zu Kroatiens schönstem Nationalpark.
11. August 2018
Vulkan Pacaya
Vulkan Pacaya
13. August 2019
Vulkan Acatenango
Guatemala - Land der Maya, Seen und Vulkane.
Hier ist auch der Vulkan Acatenango zuhause. Nahe der Kolonialstatt Antigua thront er neben seinem höchst aktiven Bruder Fuego in 3.976m Höhe. In ihm liegt auch der besondere Reiz, den Acatenango zu besteigen - denn mit etwas Glück kannst du den Volcàn de Fuego Lava spucken sehen. Vielleicht geht es dir wie mir an Sylvester 18/19, da speite er die ganze Nacht.

Kein Spaziergang.

Denn der 2.-höchste Vulkan Guatemalas wird als herausfordernd dargestellt, es sei wahnsinnig steil. Zudem gilt es eisiger Kälte und Höhe stand zu halten. Im Juni 2018, nur 6 Monate vor meiner Wanderung ist der aktive Bruder de Fuego heftig ausgebrochen und hat Häuser zerstört ; es hat leider viele Opfer gegeben. Schon im November darauf hat man wieder einen schweren Ausbruch erwartet und Menschen am Boden evakuiert - diesesmal ohne Folgen.

Die Besteigung des Acatenangos ist trotzdem möglich, die Aktivitäten sind messbar und werden größtenteils vorhergesehen. Im Moment spucke er nur ein wenig. Ob die Besteigung ratsam ist im Hinblick auf vergangene Explosionen des Nachbarvulkans, das ist jedem (über 18- jährigen) selbst überlassen.
Es folgt mein Bericht über Auf- und Abstieg, Lava, Sonnenspiele und die Schmerzen.
Ganz unten findest du noch nützliche Tipps zur Vorbereitung.Viel Spass!

Der Aufstieg auf den Vulkan Acatenango - zwischen Höllenqualen, Freude und Stolz.


Es dauerte nicht lange, bis ich mich fragte was ich da eigentlich tue. Doch als es los ging, war`s schon zu spät.
Ich wusste von Erzählungen und anderen Blogeinträgen auf was ich mich einlassen würde und das war volle Absicht.
Mein Jahresabschluss sollte besonders werden, so speziell wie meine Weltreise bisher. Anstrengung, Herausforderungen und neue Ziele finde ich immer wieder klasse, deshalb beschloss ich 6 Tage zuvor, das ich es schaffen werde.

Allerdings war ich bisher noch nicht ansatzweise in 4000m Höhe und meine Kondition als Gelegenheits- und Freizeit-Sportler gab mir auch zu Denken. Wenigstens wandern tu ich eigentlich sehr viel, ich gehe gerne weite Strecken. Und auch hoch - aber so hoch?
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bis ich diesen Moment genießen konnte, wars ein sehr langer Weg.

07:00

Warten auf den Transport

Ich sitze voll bepackt mit 3 anderen Mitstreitern aus meinem Hostel in der Lobby und warte aufgeregt darauf, dass es endlich losgeht. Zwei davon sind Schweizerinnen und extra nur wegen dem Vulkan Acatenango hier. Sie sind super durchtrainiert und sammeln quasi Höhenmeter als Hobby. Sie sind super ausgestattet, ich dagegen hab nicht mal Wanderschuhe.
Warum hab ich keine Wanderschuhe...?

07:30

Abfahrt!

Mit mittelamerikanisch - sympathischer Verspätung werden wir abgeholt. Man würde sich wundern, wie viele Menschen an Sylvester ein Privatfeuerwerk mit Lava wollen. Der Kleinbus jedenfalls ist voll und es wird uns direkt gesagt, dass es mehrere Kleinbusse sind. Naja, für mich nicht so schlimm, hauptsache es geht dann los!

08:30

Ankunft im Bodenlager...

...von Guilmer Soy in St. Jose Calderaz, einem kleinen Bergdorf. Wir, so ca. 20 Leute werden aufgestockt mit Lunchpaketen, Winterjacken, Mützen und Schals, dann wird die Tour noch bezahlt und das WC gestürmt. Nach der Vorstellungung unserer 4 Tourguides geht`s im Eilschritt zu den nächsten Transportern. Ich hab die Flatter.

09:30

Es beginnt auf 2400m.

Der Transporter ladet uns nach wenigen steilen Serpentinen auf dem Startpunkt auf 2400m ab, die Aussicht auf den Acatenango war nichts als ehrfurchterregend für mich. Wir leihen uns gegen kleines Geld selbsgeschnitzte Wanderstöcke von Einheimischen. Guilmer, der Besitzer verkündet dass er uns die ersten Meter begleiten wird.

09:40

"Warmmachen ist für Anfänger",

...dachte sich der Vulkan und erhöht die Steigung ab Schritt eins von 0 auf 100. Es ist abartig steil, eigentlich komme ich garnicht vorran. Meine Füße graben sich ein in Geröll aus losem Dreck und staubiger Asche. Ich ziehe mein Bandini vor den Mund. 10 Minuten, und ich keuche schon wie eine Lokomotive.
Vulkan Acatenango

ab Sekunde eins geht es steil bergauf

09:50

Pause - Nach nur 20 min

Das ist keine Wanderung, sondern Bergsteigen. Ich hab das Gefühl als ginge es senkrecht nach oben. Guillmer spricht aufmunternde Worte, das hier sei der schlimmste Teil. Ein paar Sicherheitshinweise und Wünsche später verabschiedet er sich und wir sind den 4 Guides überlassen.
Zweifel überrennen mich. Ich trinke Wasser, ziehe meine Weste aus.
Vulkan Acatenango

Erste Pause nach 20 min

10:00

Es folgen 45 min des mentalen und körperlichen Grauens.

Ich habe einen Kampf in meinem Kopf, während ich zwischen Maisfeldern meinen Blick gesenkt auf meinen staubigen Unterkörper halte. Atmen, Gehen, Atmen, Gehen. Die Sonne brennt im Gesicht, der Staub in der Lunge, und der Rucksack schmerzt auf den Schultern.
Was tue ich hier. Ich könnte immernoch umdrehen, Guillmer hinterher. Aber ich kann es schaffen, ogott es sind noch 5 Stunden!
Lächeln, weitergehen.
Vulkan Acatenango

Ich und mein Stock. - Lachen kann ich noch!

10:45

2800m Ankunft Checkpoint und erstes Aufatmen.

Etwas mehr als eine Stunde nach dem Aufbruch erreichen wir Waldgelände und den Checkpoint auf 2800m.
Ich bin so erleichtert : Wald. Herrlich kühle, frische Luft, kein Staub. Wir bezahlen Eintritt und essen Kleinigkeiten. Nach satten 15 min Pause habe ich das erste Mal das Gefühl, dass ich es schaffen kann.
Das Schlimmste, der steilste Teil ist vorbei sagen sie. 400 Höhenmeter sind geschafft. Noch 800m bis zum Camp.
Vulan Acatenango

Die erste Hürde ist geschafft!! Checkpoint, 2.800m

11:45

Steil, steil, steil

Der Wald tut gut. Es ist neblig und meine überanspruchen Lungen freuen sich über die Feuchtigkeit. Der schwarze Untergrund ist zwar matschig aber halbwegs fest und das Grün der Bäume scheint Hoffnung zu schenken. Und trotzdem : kein Erbarmen. Es ist steil, steil, steil. Ich konzentriere mich auf Rythmen. Der meines Atems, der meiner Schritte und des Stocks. Ab und zu stehen bleiben - Arme nach oben, Wasser trinken, Banane futtern, Gesicht von Schweiß-Sand-Gemisch befreien, Rücken dehnen. Weiter.
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ohh, du herrlicher Wald.

12:45

Gehen im Autopilot.

Es ist nicht weniger steil, aber leichter, denn meine Beine gehen im Automodus. Schwer wie Blei, aber sie funktionieren tadellos. Der Wald wird lichter und obwohl es eindeutig kälter wird und mein Schweiß mir Gänsehaut verpasst, stört mich die durchflackernde Sonne extrem. Die Guides rotieren mittlerweile und haben meinen vollsten Respekt. Die laufen von vorne bis wieder ganz nach hinten, weil sich unsere 20 Leute mittlerweile in 5 Gruppen befinden und auch immer weider Menschen zurückfallen und allein vor sich hinschnaufen.

13:45

3.300m, Mittagspause!

Wir erreichen eine Lichtung auf 3.300m und hallelulia, es ist Essenszeit. Das Lunchpaket mit Gemüse, Reis und Hähnchen ist super. Es wird auf die ganze Truppe gewartet, sodass sich meine Pause hinzieht zu 30 min. Ein Segen.
Manche liegen einfach nur da, andere wiederrum sind fröhlich und ausgelassen. Dadurch entdecke ich auch meine Schweizer Hostelgenossinnen wieder. Sie sind völlig unbeeindruckt. Wahnsinn.
Erste starke Anzeichen von Ermüden machen sich in meinen Beinen breit. Die Unterschenkel zittern und ich dehne und massiere wie wild.

14:15

Weiter gehts. Der Rucksack ist leichter, die Kohlenhydrattspeicher gefüllt aber...

die Beine fühlen sich trotzdem an wie Wackelpudding. Weiter zu gehen ist nach der Pause härter für mich, bin aus dem Takt, die Füße sind so schwer. Die Landschaft wechselt nun zu alpinen Verhältnissen und ich sage wirklich ungern dem Wald leb Wohl. Wir schauen in Wolken, während es weiter berghoch geht. Irgendwie bin ich jetzt allein unterwegs. Ein Guide holt mich ein - beste Betreuung überhaupt. Er bleibt ein bisschen und wir reden viel. 3x/Woche macht Erwin das hier. Unfassbar.
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hoch, hoch, hoch

14:30

Grund zur Freude.

Ich fasse es nicht, ich gehe plötzlich auf ebener Strecke. Ok, nicht ganz, aber in Abwechlung gehts hoch, mal eben und dann sogar runter! Es ist, als hätte jemand das Programm im Hometrainer 5 Stufen zurückgestellt. Ich singe fast, finde auch eine Gruppe wieder und kann sprechen, ohne zu pfeiffen.
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eine fast ebene Strecke, ich fasse es nicht

15:30

Über eine Stunde ging es nun moderat vorwärts,

ohne besonders viele Höhenmeter. Ich hätte mich nicht daran gewöhnen sollen. Wir sind nicht mehr weit weg, bekommen wir immer wieder gesagt. Die Wolken sind verzogen, bzw. fällt mir bei näherem Betrachten auf das wir diese einfach unter uns gelassen haben. Vulkan Pacaya tut sich zur Linken auf, es ist wunderschön. Anhalten, Aussicht genießen, Rucksack für 5min hinknallen. Banane, Nüsse, Wasser.
Vulkan Acatenango

Wir haben die Wolken unter uns gelassen

15:45

Die letzten Meter sind die schlimmsten.

Es geht plötzlich wieder so steil bergauf wie am Beginn, wenn nicht sogar noch steiler. Sandiges Geröll wieder, dünner Pfad. Ich grabe meinen Stock tief in den Boden ein und stütze mich irgendwie hoch für den nächsten Schritt.
Ich kann nicht mehr.

Andere lasse ich an mir vorbeiziehen, esse und trinke nachdem mein Atem wieder halbwegs kontrollierbar ist. Dann gehts weiter. Stein um Stein, hoch, nur hoch. Meine Oberschenkel streiken bald, jede Wette. Ich keuche wie eine Wahnsinnige.

Doch da, links, da ist der El Fuego in seiner vollen Pracht. Und da, da oben, da stehen Zelte!
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kurz vorm Ziel - wahnsinnig steil

Vulan Acatenango

meine erste Sichtung des El Fuegos! Ich bin fast da!

16:15

3600m : Ankunft im Camp.

Ich bin da. Die letzte halbe Stunde war eine einzige Hölle, aber ich bin da, habs geschafft!
Unfassbare Freude kommt auf, während ich mich dem Platz nähere. Ich werde abgeklatscht von einem Guide, der wohl nix anderes gemacht hat als auf uns zu warten und - Feuer zu machen! Es ist kalt hier oben, der Wind bläßt mir um die Ohren.
Hinsetzten. Oh Gott ich bin da!
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Ankunft im Camp - ein Feuer lodert schon

Geschafft! Im Zeltcamp des Vulkan Acatenango.

16:30

Runterfahren, Hinsetzen, genießen.

In diesem Camp sind wir ca. zu zehnt, ein weiterer kleiner Zeltplatz ist ca. 400m neben uns. Wir haben hier die beste Sicht. Viele, wie auch ich sitzen einfach nur an einem kleinen Abhang und schauen auf einen wunderschön geformten Vulkan de Fuego, nur ein paar 100m entfernt. Ich höre hier und da ein "wuhuu" oder ein "yeahh", aber meistens ist es still. Müde, wir sind alle sehr müde.

17:00

Schlafplatzverteilung.

Wir bekommen unsere Zelte zugewiesen, ich schlafe wohl zu 3. mit den schweizer Damen, die ich eigentlich überhaupt nicht kennengelernt habe. Egal. 3 dicke Schlafsäcke sind drin. Es fröstelt mich, Zeit den Rucksack komplett zu plündern. Schal, Winterjacke und Wollsocken kommen zum Einsatz.
Dann tue ich es anderen gleich und lege mich 20 min einfach in`s Zelt.
Vulkan Acatenango

Sicht auf unser Camp und den Pacaya

ab 18:00

Der atemberaubende Sonnenuntergang.

Während im kleinen Häusschen von unseren Guides gekocht wird, genießen wir den wohlverdienten Sonnenuntergang. Ich schwöre euch, ich nehme niewieder unnötiges Proviant wie eine 500ml volle Glasflasche Schockolikör mit, aber er schmeckt echt gut. Zumindest die 2 Schluck, die ich mir gönne. Er wurde natürlich geteilt.

Noch ein paar Bilder hier und da, aber eigentlich war es ein sehr stiller, andächtiger Sonnenuntergang auf dem Vulkan Acatenango.
Wunderschön. Die Glücksgefühle über die Ankunft sind schwer zu beschreiben, denn sie paaren sich mit müder Gedankenschwere.
Vulkan Fuego

Der Vulkan el fuego in voller Pracht im Abendrot

Vulkan El Fuego

Vulkan El Fuego zum Sonnenuntergang, unglaublich

18:45

Futtern, bibbern und lächeln.

Die Crew hat was leckeres vorbereitet und ich freue mich wahnsinnig über heißes Essen. Klar darf Frijoles nicht fehlen, Bohnenpaste ist schließlich das A und das O. Gemütliches Beisammensein am Lagerfeuer. Die Guides tauen richtig auf und scherzen herum. Das muss ihr schönster Teil des Tages sein.
Ich bin so müde, mir ist eiskalt trotz Winterjacke, aber ich bin so wahnsinnig stolz. Diess Gefühl ist der Hammer, ich bin hier.
Vulkan Acatenango

gedankenverlorene Schwere am Feuer nach dem Essen

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ich ziehe meinen Hut vor unseren Guides

19:00

Buff, Peng, Rot!

Das erste Mal erschrecken wir alle, als der Boden vibriert. Ich für meinen Teil hab völlig vergessen, dass es hier auch darum ging einen explodierenden Vulkan zu erleben. Bäääm.
Der Boden vibriert, die Guides zeigen aufgeregt zum El Fuego, und Menschen kramen in ihren Taschen um die Kamera zu schnappen. Da ist es längst vorbei. Rot hat er gespuckt, richtig hohe Lavaschwaden, die sich dann kurz wie roter Zuckerguss auf die Spitze des Nachbarvulkans gelegt haben. Innerhalb von Sekunden war sie dann wieder abgekühlt.

Vulkan Acatenango spuckt im 15min - Takt.

20:00

Sylvesterfeuerwerk auf dem Vulkan Acatenango.

Volcàn de Fuego spuckt wie nach der Uhr gestellt, spätestens alle 15 Minuten. Es ist surreal, aber es passiert wirklich und der Anblick ist der Wahnsinn. Vor jeder Erruption kündigen kleine Erdbeben das Austreten von Lava an. Manchmal schießt er in einer "Session" mehrmals. Ich bin geschockt, ehrfürchtig, müde, beeindruckt, nachdenklich und stolz.

Eigentlich sollte ein natürlicher Überlebenswillen für Angst sorgen - aber es passiert nicht, ich bekomme den Mund nicht zu.
Die Guides sagen so spucke er meistens. Und hier oben wären wir sowieso am allersichersten.
Ich gedenke still den Opfern vom Juni 2018.
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Der missglückte Versuch, das Schauspiel aufzufangen

Schönere Fotos vom spuckenden Vulkan findet ihr beispielsweise auf dieser Seite.

21:30

Wach bleiben bis 12? Also bitte!

Mehrmals durfte ich nun mitansehen, wie das Rot den stockdunklen Nachthimmel erhellt. Jeglicher Versuch das auf einem S9 einzufangen scheitert kläglich, aber es macht mir nichts aus. Ich bin für alles einfach viel zu müde und mein Kopf pocht.

Sylvesternacht hin oder her, es geht in`s Bett.
Die Guides haben uns noch mit Kakao versorgt und jemand hat Sekt ausgeschenkt. Wir umarmen uns allesamt und wünschen uns einen guten Rutsch, dann gehts für die meisten in`s Zelt. Ich erfiere fast und mittlerweile habe ich Kopfschmerzen, ebenfalls wie die meisten hier. Das kann unmöglich von einem Schluck Likör und einem halben Becher Sekt kommen, nein. Es ist die Höhe und die vergangene Anstrengung, das ist klar.

ab 22:00

Eine lange Nacht.

Mein Körper ist so müde und schwer, meine Beine sind zittrig und mein Kopf scheint zu platzen. Wenigstens ist es warm, die Schlafsäcke sind toll. Die Mädels neben mir schnarchen, die sind echt abgehärtet.
Ich hingegen kann kein Auge zu tun. Habe mir eine Ibuprofen gegen das Kopfpochen reingehauen, die leider überhaupt nicht wirkt. Ich denke mit Grauen an 04:00 Uhr, denn dann gehts zum Summit zum Sonnenaufgang. Hilfe. Noch 6h, noch 5h, "ohhh, happy new year", noch 3h,...

Sonnenaufgang auf der Spitze des Vulkan Acatenango.

04:00

Auf zum Summit.

03: 20, 03:25, ...endlich 03:30 Uhr, ich kann aufstehen. Nach einer lauten (unermüdlicher Fuego), schlaflosen und schmerzerfüllten Nacht bin ich froh, dass sie endlich vorbei ist. Was jetzt noch fehlt, sind an die 400 Höhenmeter in kürzester Zeit. Ich brauche nicht lange nachzudenken um zu verstehen, dass es ar**h-steil wird. So richtig steil.

Ich werfe mir Nüsse, noch eine Ibuprofen und reichlich Wasser ein, Klogang (ein Holzhäusschen) und treffe dann auch schon einen Guide, der mir eine Stirnlampen gibt. "Vamonos!!" ruft er laut. Einige sind nicht aus ihren Zelten zu bekommen, insgesamt verpassen 4 von uns das Spektakel. Man kann es ihnen schwer verübeln : es ist kalt, richtig windig und es wird mit Sicherheit todesanstrengend.

04:20

Der schlimmste Trekk meines Lebens.

Wir maschieren im Dunkeln über dicke Steine, ein Weg ist nicht zu erkennen. Mann hinter Mann, die Stirnlampe immer auf den Boden gerichtet. Der Wind pustet so dermaßen, dass ich mehrmals fast den Halt verliere, es ist ein Balanceakt. Wir haben keinerlei Windschutz, es ist so kalt, ich kann meinen Stock kaum halten ; trotz Handschuhen.

Es ist die steilste Strecke bisher und ich würde das Wort "Bersteigen" dem Begriff Wandern wirklich vorziehen.
Die Guides schreien irgendwas, ich verstehe überhaupt nichts, der Wind pfeifft wie verrückt.
Wie erwartet ist es extrem anstrengend, es wundert mich, dass die Beine funtionieren.

05:30

3.976 m : Warten auf den Sonnenaufgang.

Wir sind oben. In eineinhalb Stunden sind wir die restlichen 400 Höhenmeter hinaufgestiegen und ich bin viel zu k.o um darüber glücklich zu sein. Die Schmerzen hören leider nicht auf, es ist eiskalt. Wir werden in ein Wellblechhäusschen eingefärcht, um die letzten Minuten vor dem Wind geschützt zu sein. Nah aneinander stehen und sitzen wir, um uns zu wärmen. Die Guides erzählen die Geschichte, warum das Häusschen hier steht : Weil vor gar nicht langer Zeit hier oben auf 3.976m Menschen erfroren sind. Gutes Timing geht anders.
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eng aneinander im Welblechhaus - es ist eiskalt

05:45

Die Sonne geht auf.

Es ist geschafft. Wir hocken draussen, dicht an dicht. Dürfen uns aber keine 30m dem Abgrund nähern, es ist viel zu windig. Manche versuchen für Fotos zu posen, es ist unmöglich. Es gibt einen Grund, warum wir hocken. Ich zücke mein Handy, kann es gerade so festhalten, es ist verrückt. Mir war noch nie im Leben so kalt.

Doch da kommt sie und die Morgenröte eröffnet eine Weitsicht und Schönheit, die einem die Tränen in die Augen treibt. Bittersüße Naturschauspiele.
10 min später ist es vorbei. Unsere Guides wollen den Rückmarsch, obwohl die Sonne noch garnicht richtig draussen ist - es ist einfach zu windig heute, sie brechen ab.
Vulan Acatenango Sonnenaufgang

Sonnenaufgang in 4000m Höhe

Abstieg - Zurrück ist leichter, stimmts?

06:00

Windschatten!

Wir steigen ab vom Summit und nur nach ein paar Metern gehts mir schlagartig besser, denn wir gehen in den Windschatten. Es ist ein einziges großes Erlösen, meine Nase kribbelt und taut auf. Jetzt kommen tatsächlich noch einige tolle Fotos zustande in einer wunderschönen Morgendämmerung. Ich bin so dankbar das hier erlebt zu haben, aber die Dankbarkeit abzusteigen überwiegt gerade. Es folgt eine halbe Stunde zurück ins Camp, ich bin ausgelassen und tanze fast durch den halben Meter hohen Sand durch den wir waten wie auf Skiern.

Wir frühstücken noch am Feuer, so dass auch meine Füße wieder spürbar werden. Es gibt leckeren Haferschleim, Bananen und sogar Kaffee.
Kein Mensch glaubt mir wie gut dieser Kaffee war, sooo gut.
Vulkan Acatenango

im Windschatten beim Abstieg in der Morgendämmerung - mein Lieblingsbild

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lustiger Abstieg - die Füße tief im Sand

08:00

Guten Rutsch in`s neue Jahr!

Warum hab ich Dumpfbacke keine Wanderschuhe? Beim Hochgehen hats mich nicht gejuckt, das Absteigen allerdings wird zum ungeahnten Spießroutenlauf. Gehen funktioniert so steil bergrunter nicht, also laufen wir meist. Leider pflanze ich mich, hier und da galant auf den Po (bin damit auch nicht allein.) Es ist so steil. Das war doch abzusehen! Der Wald war beim Hochgehen mein absoluter Freund, jetzt ist er mein Feind. Ich rutsche, bremse ab, rutsche, laufe, bremse ab. Meine Waden sind im Dauerstress.

Als die Waldpassage dann überstanden ist, legts mich am steilen Anfangs-Sand-Staub-Stück hin. - Und zwar gewaltig. Ein Guide, der nichts anderes macht als Händschen zu halten und "Vorsicht!" zu rufen hat meinen Abgang gesehen. Ich liege wie ne umgedrehte Schildkröte auf meinem Rucksack und komm nicht mehr hoch.
Ich hab mirs Steißbein geprellt, und zwar heftig, kann jedoch mit Hilfe aufstehen.
Dieser Tiefgang bereitete mir noch einen ganzen Monat lang Freude.

10:00

Unten angekommen.

Da steht er, der Transporter. Erst gehts zurück ins Base-Camp, dann nach Antigua. Ich kann kaum sitzen aber bin megafroh. Es scheint nix gebrochen zu sein oder so. Geprellt - das geht doch in Ordnung! Wir sind alle todmüde und einige machen ein Nickerschen. Das heb ich mir für`s Hostel auf. Ich bin so dreckig, dass ich höchstwahrscheinlich meine Dreadlocks nie mehr sauber bekomme.

Ich lache : Ich habe es geschafft. Und es war alles seinen Preis wert.

Vorbereitungen für die Besteigung des Vulkan Acatenango:


Tipps Allgemein :

Suche dir einen guten, erfahrenen Anbieter heraus. Ich empfehle Soy Tours.
Vermeide es "Vom-Strand-zur-Bergspitze" zu hüpfen, sondern
...gewöhne dich an Höhe und verbringe vorher ein paar Tage in Antigua (~1.500m)
das Besteigen ist für Jedermann, aber ich würde eine Grundfitness auf jeden Fall empfehlen.
Übe dich doch zuvor am Volcàn Pacaya. (1,5h Aufstieg) Das stellst du dir dann noch etwas steiler, höher und zeitlich x3 vor, dann weißt du ungefähr wie es wird.

Tipps Ausrüstung :

gute Wanderschuhe, machen sich besondes beim Abstieg bezahlt
5-6 l Wasser (empfohlen werden 4, 5l haben bei mir gerade so gereicht)
Energiekicks mitnehmen (Nüsse, Bananen, Energieriegel)
und auch an Schmerz- und Reisetabletten denken
Klamotten : Zwiebelprinzip: anfangs heiß, oben sehr kalt!
Stirn- oder Taschenlampe. (Konnte ich mir glücklicherweise leihen.)
Kamera. (haltet es leicht!)

sonst Rucksack so leicht wie irgend möglich halten!

und das bekommt ihr gestellt :

Zelt, Matte, Schlafsack (sehr warm.)
Winterjacke, Mützen, Handschuhe.
Lunchpaket, Abendessen und Frühstück.
Und eine hart schuftende einheimische Crew, vergesst nicht wie günstig die Tour ist und gebt ein Trinkgeld!

Bitte denkt daran, dass ihr eure geliehenen Klamotten, sowie das Lunchpaket selber rauftragt!
Zelte und Co. hingegen sind bereits aufgebaut.


Abschlussgedanken - Durchhalten lohnt immer.

Ich will es nicht beschönigen, es waren extrem harte 7 Stunden Aufstieg * für mich. Es war steiler als gedacht, aber ich hab es geschafft. Purer Willen und sogar gute Gefühle kamen immer wieder zum Vorschein..

Dieser Vulkan Acatenango hatte eine große Bedeutung für mich, in der es unter anderem um Hinfallen und Wiederaufstehen, um Durchhalten und um Gedankenarbeit geht. Wir können erreichen was wir wollen, wenn wir den Schalter im Kopf umlegen.

Ich konnte mein 2018 gebührend abschließen: der harte Weg war sinnbildlich auf meine Planung der Langzeitreise zu übertragen. Es geht nicht ohne Anstrengung, unsere Ziele erreichen wir nicht im Schlaf.
Durchatmen tun wir oft nur nach Belastung. Feierabend machen wir nur nach der Arbeit, Loslassen gibt`s nur nach Anspannung, wir sind erleichtert nachdem die Hürde überwunden ist.

Lebendigkeit fühlt man, wenn man über sich hinauswächst.
* Natürlich ist der Schweregrad der Wanderung konditions- und Typabhängig. Diese Story ist meine.

Es sollte nicht mein letzer Vulkan sein.

Gegangen und gewandert bin ich schon immer gerne, aber dank des Acatenangos entdeckte ich meine Freude am Höhenwandern. Ich liebte es, und so seltsam es klingt : ich mochte auch die Schmerzen, beziehungsweise das Überwinden dieser.

Alleine dem Acatenango verdanke ich es, dass ich es mir zutraute bei der großartigen Crew von Volcanoday in Nicaragua zu volunteeren. Mehr als einen Monat war ich dort als Tourguide tätig und bestieg so jeden Tag Vulkane.
Das war NACH dem Acatenango - ich hatte keine Angst mehr und wusste, das ich`s kann. Ich glaube
ohne diese Erfahrung, wäre ich niemals Touguide in Nicaragua gewesen.

Meine Finger brennen schon, ich werd so schnell wie möglich über meine absolute Lieblingszeit auf den Vulkanen Nicaraguas berichten! Diese waren lange nicht so hoch...aber atemberaubend schön.

Eure Erfahrungen?


Wart ihr schon oben oder habt`s vor?
Ich freue mich wenn du mir ein Kommentar hier lässt oder mich auf Instagram besuchst.

Ich freue mich über deine Erfahrung zum Thema!