Zurück von der Langzeitreise – Erwartung vs. Realität
Mazunte
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Zurück von der Langzeitreise

Zurück von der Langzeitreise - Erwartungen vs. Realität.

Ich habe viel gehört und gelesen über die Zeit nach der Langzeitreise, von der Rückkehr. Einige schreiben von Erleichterung, andere erzählen es wäre richtig hart. Die Unterschiede zwischen der Reisewelt und dem Sesshaft- sein, die kulturellen Feinheiten zwischen dem fernen Reiseland und dem trauten Heim. Der Spagat zwischen Rucksack- und Alltagsleben ist bei Manchen schnell geschafft, während andere länger für diese Gelenkigkeit brauchen. Ich zähle definitiv zur zweiten Sorte.

Aber wie ist es Heim zu kommen...?

... nach 16 Monaten des Umherziehens? Und was scheint der Durchschnitt zu glauben, wie kommen Freunde Verwandte auf einen zu, bei einem Treffen? Wie ist es ferne Bekannte auf der Straße anzutreffen, was interessiert sie wohl so, fragen sie überhaupt etwas? Kennen sie mich noch? Finde ich mich noch zurecht? Hat sich alles verändert?

Die Zeit hinterher, besonders die ersten Wochen haben sich mir sehr eingeprägt; ich kann mich an jede erste Begegnung erinnern, weswegen mir einige Erwartungen, Annahmen und gar Vorurteile der Gesellschaft aufgefallen sind.
Und was erwartete ich eigentlich selbst von der Zeit nach der Langzeitreise? Manche Annahmen, die ich euch gleich nennen werde, hatte ich ebenso wie die Gesellschaft. Das Meiste völlig unsinnig. Erwartung vs. Realität.

Erwartungen an die Zeit nach der Langzeitreise und wie es wirklich war :


Die Erwartung :

Ich stürze mich wie ein ausgehungertes Wildtier auf alle Dinge, die ich während dem Reisen nicht haben konnte.
Man, was muss ich alles vermisst haben. Vor Allem das Essen; Brot und Süßigkeiten. Viele Menschen interessiert es, was man als erstes gegessen hat. Endlich kann ich auch mal "richtig" waschen und überhaupt mal wieder andere Kleidung anziehen, da ich 16 Monate das Gleiche getragen hatte.

Realität :

Stimmt schon ein wenig. Ich freue mich tierisch, besonders über das Essen. Aber das vergeht sehr schnell, diese Freude hält genau sieben Tage an. Vielleicht bin ich nicht begeisterungsfähig genug, eventuell war das Essen auch einfach nicht so schlimm - oder, und das ist auch krass : es ist einfach nicht der Mittelpunkt der Welt.

Die Erwartung :

Ich wäre erholt, ausgeruht und entspannt.
Klar, nach so einem langen Urlaub, das ich völlig ausgeruht bin. Habe ich doch das absolute Maximum an Erholung genossen. Ich bin vor Allem die ersten Wochen ein Energiebündel, voller Tatendrang und Eifer.

Realität :

Weit gefehlt : Ich könnte die erste Woche einfach durchschlafen. Eigentlich möchte ich keinen sehen außer mein engstes Umfeld. Ich habe überhaupt keine Energie, keine Motivation und null Tatendrang. Und das nicht nur für eine Woche.

Die Erwartung :

Ich hätte meine Reise und somit meinen Traum mit der Heimkehr komplett abgeschlossen.
Die Strände wurden getestet auf die Feinheit des Sandes, die Berge wurden bestiegen, der Urwald erkundet, die Bars wurden gerockt, die tropischen Früchte verzehrt und viele viele Bilder geschossen. Nach ein paar Wochen zu Hause muss doch sicher das Album zugeklappt werden können. Gut ist.

Realität:

Wieder falsch. Ich fange jetzt nach der Rückkehr erst nach und nach an auf zu arbeiten. Die Bilder im Kopf finden nach und nach Ordnung, emotional ist auch noch längst nicht aufgeräumt. Außerdem vermisse ich. Freunde, Bekannte, Lebensweise, Klima, Mentalität.

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ob ich mal genug habe?

Die Erwartung :

Ich hätte den "Sinn des Lebens" oder was Vergleichbares, gefunden. Anscheinend liegt der nämlich - oder zumindest Vergleichbares, an irgend einem Strand herum. Man stolpert drüber und hat alle Antworten parat. Es gibt unfassbar viele Vorstellungen von der "Wahrheitsfindung" Reisender, es muss aus Filmen kommen. Aber nein, sogar am Lagerfeuer erzählen Backpacker davon, sie seien "erwacht" oder hätten ihr "wahres Ich" gefunden. Der Wahnsinn. Und jetzt fragen mich Menschen genau nach dieser Sache.

Realität :

Ihr ahnt es schon - nein, ich habe ihn nicht gefunden. Ich hatte natürlich aufschlussreiche Momente, in denen ich über mich und andere, ja ein wenig über das Leben lernen durfte. Diese Momente waren und sind auch sehr kostbar für mich. Aber ich finde diese Vorstellung, eine gänzliches "Erwachen" durch das bloße Reisen zu erlangen einfach kindlich und naiv. Oder ich bin einfach neidisch, wer weiß ? ;-)

Die Erwartung :

Meine Reiselust wäre jetzt erst einmal gestillt, Fernweh adè.
Es wäre nur logisch. Manche sollen ja tatsächlich die Nase voll haben nach einer bestimmten Zeit. Vielleicht mal wieder Kurzzeit-Urlaub in ein paar Monaten...

Realität.

Falsch. Bei mir war sie nicht gestillt und besonders die Tage vor meinem Heimflug habe ich mir ausgemalt, wie viele Länder ich nun verpasse. Jetzt bin ich wieder fest angestellt und habe Urlaub - bleibe aber zuhaus, warum? Ich kann nicht mehr "kurz" reisen. Ich habe keine Ahnung, wie Jemand für 2 Wochen auf einen anderen Kontinent reisen kann. Was macht man denn mit 2 Wochen? Etwas, was ich wieder neu lernen muss. Ich bin nicht fertig! Und ich glaube, ich bin niemals fertig.

Die Erwartung :

Ich hätte genug Zeit gehabt, mir um die Zukunft Gedanken zu machen.
100 Stunden im Bus, 50 Strandspaziergänge und 200 laue Abende müssen doch als Zeit reichen, um sich der Zukunft gewiss zu sein. Man wird ja wohl eine Ahnung haben, was nun passiert. Neu orientieren, zum Beispiel Berufsmäßig. Wissen, ob man nicht einfach nochmal etwas Neues anfangen soll, eine Berufung finden. Wissen wie der Traummann aussieht und sich ne ordentliche Sparmaßnahme für das schicke Eigenheim haben. Man wird doch aber wenigstens wissen WO man leben will ? Hallo?

Realität :

Falsch. Ich habe keine Antwort während der Reise gefunden - sie hat mich eher zerstreut, 67 neue Möglichkeiten in meinen Kopf gepflanzt und mich halb zerrissen. Zahlreiche Ideen. So viele Wege, die man gehen könnte.
Wer also eine Reise tut, um Antworten zu finden, der sei gewarnt : Dem Leben fallen neue Fragen ein.

Die Erwartung :

Ich müsse doch deprimiert über das Wetter sein und ich müsste die Tropen deshalb vermissen.
Besonders bekannt bei Reisenden, die in der fernen Hitze unterwegs waren. Man geht nicht nur davon aus, das einen Regen und alles unter 25°C missfällt - nein, man denkt außerdem es sei ein sehr passender Gesprächsstoff; wenn auch nicht aufmunternt. Man vermisst die heißen Temperaturen maßlos. Mit unter ist hier der Bräunungsgrad der Haut beliebtes Thema, welches sich aber konsequenter Weise nach wenigen Monaten von selbst erledigt. Darüber hat der Langzeitreisende traurig zu sein.

Realität.

100% wahr, absoluter Treffer. Ich habe nun monatelang den Rückgang meiner "Flip-Flop -Marke" betrauert - bis der weiße, absolut herausstechende Streifen vor meinen Zehen jetzt gänzlich verschwunden ist. Es hat 5 Monate gedauert.
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Meine geliebten Flip-Flop Stempel. Adios.

Die Erwartung :

Die Frage nach dem "Wie war`s?" in fünf Sätzen beantworten zu können.
Die mir am häufigst gestellte Frage erfordert eine inspirierende, möglichst ausschlaggebende, aber dennoch knappe Antwort. Das einfache "Sehr cool!" oder "Ja, gut war`s"! ist zu salopp, während eine ausschweifende Unterhaltung mit Emotionen und wilden Gestiken dann aber doch den Zeitrahmen und eigentlich auch die Intimität zwischen den Gesprächspartnern sprengt. Die erst kürzlich beendeten 16 Monate voller Hochs und Tiefs in fremden Kulturen benötigen ein 3-Minuten-Resümee, und das habe ich natürlich parat.

Realität.

Falsch, garnichts habe ich parat. Ich schaue in erwartungsvolle Augen, der Mund formt : "Anke, du bist wieder da! Und, wie war`s?" Die 3-Minuten Uhr tickt und ich starre zurück. Verlegen. Genervt von mir, da ich scheinbar selbst keine Ahnung hab, wie es war. Klar war sie toll. Wobei halt auch nicht immer... Ich kann einfach nicht mit Floskeln. Phrasen, Höflichkeiten, Halbwahrheiten - Alles nicht mein Ding. Will derjenige nun wirklich ne Geschichte hören? Und von wo, aus welchem Land? Was erwartet der jetzt von mir? Klima- soll ich übers Wetter reden? Mhh, puh. Also ja keine Ahnung.

"Gut war`s, danke!"!

Die Erwartung :

Ich müsse mich "wieder eingewöhnen und erst mal wieder mit der deutschen Mentalität klar kommen".
Eine super Annahme und eine sehr beliebte Frage - nämlich die mir zweit-häufigst gestellte nach meiner Landung. Es wird davon ausgegangen, das mir alles fremd vorkommen muss, nach so langer Zeit. Komischer Weise wird auch angenommen, dass die Deutschen etwas "kühl" sind von ihrer Art her, ohne das ich das in den Mund genommen hätte.

Realität :

Jain. Ich musste mich nicht wieder eingewöhnen, mir waren die Unterschiede so bewusst wie sonst nichts und ich hatte auch schon eine gewisse Erwartungshaltung. Ja, ich finde das menschliche Klima hier kühler als z.B. bei den Latinos und nein, ich mag das nicht sonderlich - ich arrangiere mich aber und erfreue mich an den vielen Vorteilen hier. Ich denke, das einzig und allein der Kontrast nach einer langen Reise heftiger ist. "Einleben" ins Heimatland muss sich glaube ich niemand nach einem längeren Auslandsaufenthalt.

Die Erwartung :

Ich würde es nun schwer auf dem Arbeitsmarkt haben.
Eine Auszeit wird vielleicht noch direkt nach dem Studium akzeptiert, als sogenannte "Selbstfindungsphase". Wer tatsächlich einen unbefristeten Arbeitsvertrag kündigt, um durch die Weltgeschichte zu reisen, hat keine Aussicht auf eine gute Arbeitsstelle nach der Heimkehr. Man gilt nämlich als Abbrecher ; faul und nicht vertrauenswürdig.

Realität.

Falsch! Das ist heute einfach nicht mehr so, außerdem gibt es sehr gute Möglichkeiten, seine Langzeitreise gut ausschauen zu lassen. Überdies bietet es sich schon während dem Reisen an, einen guten Eindruck in der Bewerbung zu hinterlassen. Viele wertvolle Tipp`s rund um dieses Thema gibt`s hier.

Die Erwartung :

Man entfremdet sich in der langen Zeit von Freunden und Familie.
Man ist lange nicht zu Haus, da ändert sich doch alles? Freundschaften platzen, die Familie erscheint einem komisch, das Elternhaus nicht mehr vertraut. Alte Bekannte wollen nichts mehr von einem wissen. Gerade wenn man sich als Langzeitreisender irgendwie nicht so oft gemeldet hatte, wie geplant...

Realität.

Unwahr. 16 Monate sind nichts. Es war als wäre ich nie weg gewesen. Die Menschen, die sich tatsächlich entfremden, hätten das so oder so getan. Interessen, Lebensweisen verändern sich, Menschen verändern sich. Das wäre auch passiert, wenn ich in Deutschland geblieben wäre. Meine wertvollsten Beziehungen haben sich nicht einen Millimeter geändert, so dass es mir selbst erst sehr komisch vorkam. Was für eine beruhigende Vorstellung.

Die Erwartung :

Ich hätte "alles" richtig gemacht.
Ein sehr häufig mir entgegen geworfenes Kompliment, welches mich zwar verwundert aber ich doch auch gerne höre. "Du hast mal alles richtig gemacht!" und weiter noch : "Du wirst immer daran denken können, deinen Enkeln erzählen, fantastisch!"

Realität :

Absolut wahr, danke! Und ja, das finde ich auch. Nur länger hätte mein Abenteuer sein können. Und hier und da hätte ich mal besser.... ;-)

Die Erwartung :

Die Besonderheit einer Langzeitreise war ein einmaliges Erlebnis.
Es wird davon ausgegangen, das wenn man schon dieses "Glück" auf diese einmalige Chance hatte, das es dann doch genug sein muss. Der Traum ist erfüllt, die Lichter gehen aus. Man geht wieder einen normalen Weg. Man kann doch nicht nochmal so lange fort??

Ich lasse die Realität hier mal offen. ;-)

Zurück von der Langzeitreise - hast du dich wieder entdeckt?

Na, habt ihr mit diesen Erwartungen gerechnet? Es gibt noch weitere, aber das sind dann Kleinigkeiten. Ich hab gedacht ich könnte vielleicht kein Auto mehr fahren, da ich das auf Reisen nie gemacht hatte. Ist ja abzusehen, das meine Annahme Quatsch war.

Oder fällt dir noch was ein, womit alle gerechnet hätten nach deiner Rückkehr von der Langzeitreise? Oder hast du ganz andere Bedenken oder tickst ganz anders wie ich? Hast du einige Erwartungen vielleicht sogar erfüllen können? Andersherum gibt es vielleicht Ängste vor der Zeit danach schon VOR Reisetantritt? Dann konnte ich dir hoffentlich ein wenig die Bedenken nehmen. Jeder tickt da anders, aber es gibt Menschen wie mich, die haben keinerlei Probleme mit der "Entfremdung" oder damit, einen Job zu finden.

Ganz liebe Grüße hinaus in die Reisewelt. Bis bald, eure Anke

Lust auf Guatemala?

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Ich freue mich über deine Erfahrung zum Thema!